Burn-out ist nicht das Problem, sondern Beitrag zur Lösung

von | Jan 12, 2020

Ich habe meine Entführung durch die Abu Sayyaf vor 20 Jahren unbeschadet überstanden. Einige Jahre danach bin ich trotzdem im Burn-out gelandet. Was schwerbewaffneten Rebellen nicht gelang, hat mein damaliger Job tatsächlich fertiggebracht: er hat mich in die Knie gezwungen. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte die Ernsthaftigkeit der Todesdrohungen und die emotionale Belastung während der Entführung keinesfalls trivialisieren. Und dennoch ist es erstaunlich: dem Tode entronnen und an „Deadlines“ gescheitert, die nicht wirklich tödlich waren?

Um das zu verstehen, habe ich mich damals auf eine intensive Spurensuche begeben. Und dabei viel gelernt – auch über das Phänomen Burn-out.

Volkskrankheit Burn-out

Ein Burn-out ist nur der letzte Punkt einer schleichenden Krise. Er kommt nicht über Nacht, sondern ist eine Reaktion auf andauernde Belastung und Überforderung, meist am Arbeitsplatz. Wichtige Eckpunkte der Definition des Burn-out-Syndroms laut Weltgesundheitsorganisation sind:

  • das Gefühl des Ausgebranntseins,
  • eine innere Distanz zur Arbeitsstelle, oft verbunden mit einer negativen Haltung zum eigenen Job oder Zynismus, und
  • geringe berufliche Leistungsfähigkeit.

Diese Definition tritt 2022 in Kraft mit der überarbeiteten ICD-11, dem weltweit anerkannten Klassifizierungssystem für medizinische Diagnosen. Bislang spielte das Burnout-Syndrom in der medizinischen Klassifizierung eine untergeordnete Rolle, obwohl es als Volkskrankheit angesehen wird. Es gilt jedoch nicht als Krankheit, sondern als »Faktor, der den Gesundheitszustand beeinflusst«. Es ist zum Beispiel ein Risikofaktor für Depression.

Hinweis: Sollten Sie sich akut in einer hochgradig belastenden Situation befinden oder gar Anzeichen eines Burn-out an sich wahrnehmen, rate ich Ihnen dringend mit einem Spezialisten, z.B. Ihrem Arzt oder Therapeuten zu sprechen.

Leave it, love it, or change it!

Generell ist es natürlich ratsam, es auch in belastenden Situationen gar nicht erst bis zum Burn-out kommen zu lassen. Aber wie kann das gelingen?

Ein erster Schritt ist sicherlich die Betrachtung der Situation an sich. Dabei hilft es, sich der eigenen Handlungsoptionen bewusst zu werden. Das stärkt die innere Haltung und das eigene Bewusstsein: wir werden zum aktiven Gestalter statt passiv in der Opferrolle zu verharren. Meiner Erfahrung nach haben wir in (fast) jeder Situation drei Möglichkeiten zu handeln:

  1. Leave it: Will ich die Situation verlassen? Wie könnte ich das konkret tun? Welche rechtlichen, sozialen, finanziellen Folgen hätte das? Gibt es eine Alternative? Wie schnell könnte ich mich umorientieren? Welches wäre der beste Zeitpunkt, um mich aus meiner Situation herauszuziehen?
  2. Love it: Kann ich meine Situation lieben lernen, und wenn ja, wie? Welche positiven Seiten hat meine Situation bzw. mein Job? Was kann ich Wertvolles für später lernen? Wie kann ich besser mit der Situation umgehen, um sie leichter zu ertragen? Könnte ich die Herausforderungen spielerischer nehmen?
  3. Change it: Kann ich die Situation bzw. meinen Job verändern? Was genau will ich verändern? Welche Möglichkeiten, etwas zu ändern, liegen in meiner Macht? Wer kann mir dabei helfen? Auf wen könnte ich zugehen, der über Rahmenbedingungen entscheiden kann? Wie könnte ich mich selber in der Situation verändern? Was müsste ich dafür lernen?

Burnout ist nicht das Problem, sondern Beitrag zur Lösung

Sofern sich eine belastende Situation nicht von selbst auflöst, werden wir früher oder später zu einer Entscheidung gezwungen. Das habe ich selbst erfahren. Je länger wir die entsprechende Entscheidung aufschieben, desto wahrscheinlicher wird es, dass unser Körper uns die Entscheidung mit einem Burn-out abnimmt: Leave it! Insofern sollten wir unserem Körper dankbar sein für seine kompetente Reaktion, die uns – zumindest vorläufig – aus einer misslichen Lage befreit. So betrachtet, ist ein Burn-out nicht das eigentliche Problem, sondern ein Beitrag zu seiner Lösung. Er agiert sozusagen als unser „Notfallprogramm“, um uns vor möglicherweise schwereren Schäden zu bewahren. Und gibt uns so die Möglichkeit, den Fokus wieder auf die Lösung des eigentlichen Problems zu legen.

Einige Anregungen

Ich möchte Ihnen elf Anregungen mitgeben, mit denen ich sehr gute Erfahrungen gemacht habe und die helfen können, einem Burn-out vorzubeugen:

  1. Arbeiten Sie in einem Beruf, der Sie erfüllt und Ihnen Spaß macht.
  2. Bei akuter Überforderung: Machen Sie Ihrem Vorgesetzten Priorisierungsvorschläge, und fordern Sie konsequent eine Entscheidung ein. Ein guter Chef wird es Ihnen danken, da er so Ihre Arbeitskraft erhalten kann.
  3. Sagen Sie auch mal Nein zu anderen, wenn Sie sich überfordert fühlen, und öfter mal Ja zu sich selbst und Ihren eigenen Bedürfnissen.
  4. Nehmen Sie sich weniger vor, dann schaffen Sie meistens sogar mehr.
  5. Machen Sie regelmäßig Regenerationspausen. Eine kleine Mittagsrunde über das Firmengelände macht den Kopf frei und lädt die Batterien wieder auf.
  6. Ernähren Sie sich gesund, und trinken Sie ausreichend Wasser.
  7. Treiben Sie regelmäßig Sport, ohne sich zu Höchstleistungen zu zwingen.
  8. Schlafen Sie ausreichend. Tipp bei Schlafproblemen in stressigen Zeiten: Geführte Schlafhypnosen helfen beim Ein- und Durchschlafen.
  1. Pflegen Sie Offline-Zeiten, in denen Sie auf E-Mails verzichten und Ihr Handy ausschalten.
  2. Praktizieren Sie Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Yoga oder Meditation.
  3. Verzichten Sie auf Zigaretten und Alkohol, und trinken Sie nicht zu viel Kaffee.

Haben Sie weitere Tipps, um einem Burn-out frühzeitig vorzubeugen?

Zur Vertiefung

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