Akzeptanz und Optimismus – das A und O der Resilienz
Das A und O in der Krise
Resilienz hilft Menschen, Krisen in ihrem Leben zu meistern. Darin sind sich alle einig. Doch eine einheitliche Definition für „Resilienz“ und ihrer Bestandteile gibt es nicht. Mal ist von „Säulen“ die Rede, mal von „Schlüsseln“ oder „Schutzfaktoren“. Mal sind es 7, mal 8 oder auch 10. Im Kern ähneln sich die verschiedenen Modelle und überschneiden sich – unter anderem an diesem Punkt: Akzeptanz und Optimismus spielen eine zentrale Rolle, wenn es um Resilienz geht.
„Du musst die Situation akzeptieren und optimistisch in die Zukunft blicken!“
Sagen Sie das mal jemandem, der mitten in einer existenziellen Krise steckt! Da kann es schon passieren, dass Ihr Rat-schlag mit einem Faust-schlag erwidert wird. Daher möchte ich hier am eigenen Beispiel beschreiben, wie Akzeptanz und Optimismus mir geholfen haben, stark durch meine Entführung zu kommen.
Mein individuelles Erleben ist dabei nicht als Patentrezept zu verstehen – dafür sind Menschen und ihre Lebenskrisen viel zu verschieden. Aber hoffentlich inspirieren Sie meine Erfahrungen für einen kraftvollen Umgang mit Ihren eigenen Krisen. Das würde mich freuen!
Erfahrungsbeispiel Entführung
Kurzer Hintergrund: Im Jahr 2000 wurde ich mit 20 weiteren Menschen in Malaysia von islamistischen Terroristen verschleppt und für 140 Tage als Geisel im philippinischen Dschungel gefangen gehalten. Vor meiner Entführung hatte ich als Unternehmensberater in Luxemburg gearbeitet, sehr erfolgreich, aber auch extrem gestresst. Ich musste mein Leben dringend neu ausrichten, zumal auch mein Beziehungsleben ein ziemliches Chaos war. Aber ich hatte keine Vorstellung, was ich konkret tun sollte, war orientierungslos. Da bat ich in einer durchwachten Nacht das Leben um einen „Wink des Schicksals“ …
Wenige Wochen später wurde ich im Tauchurlaub entführt und erlebte Todesangst im Angesicht schwerbewaffneter Entführer. Am liebsten hätte ich die Zeit zurückgedreht, um alles ungeschehen zu machen. Ich dachte: „Hätte ich doch nur den Nachttauchgang mitgemacht, dann wäre ich den Entführern erwischt und meinem Schicksal entgangen.“
„Hätte, könnte, wäre …“ ist jedoch nur der verzweifelte Versuch, rückwirkend einen Ausweg zu finden – doch was geschehen ist, ist geschehen. Gedankenspiele mit der Vergangenheit, ob Reue oder Vorwürfe, ändern nichts an der aktuellen Situation, außer, dass sie zusätzlich frustrieren. Aber wie kann man solche Gedanken abstellen?
Akzeptanz hilft in Krisen. Wer die eigene Krise akzeptiert, der verharrt nicht länger in der Vergangenheit, ist präsenter im Hier und Jetzt und öffnet sich für das, was kommen wird. Diese Ausrichtung „nach vorne“ gibt Kraft. Aber wie geht das?
In meinem Fall war es so: Irgendwann kam mir eine Art Eingebung, als ich gerade verzweifelt zwischen schwerbewaffneten Männern in einem Fischerboot kauerte: „Vielleicht ist das hier der Wink des Schicksals, um den ich gebeten habe … vielleicht soll ich hier gerade etwas lernen!“ Damit konnte ich dem, was passierte, einen Sinn geben – ein Teil in mir war nun gespannt auf das vor mir Liegende, vor allem aber hörte ich endlich auf, mich gedanklich dagegen zu wehren. Auch Glaube kann hier eine wichtige Rolle spielen. Einige meiner Schicksalsgefährten konnten die Entführung als Gottes Willen und als Teil eines übergeordneten Plans akzeptieren. Andere wiederum berichteten von einem ganz irdischen Wendepunkt, an dem sie schlichtweg kapitulierten: „Scheiß drauf, es ist wie es ist, ich mache jetzt das Beste draus!“
Ähnlich wie Akzeptanz hilft auch Optimismus dabei, sich kraftvoll „nach vorne“ auszurichten. Das ist leichter gesagt als getan. Einige meiner Schicksalsgefährten hatten in Gefangenschaft immer wieder Horrorbilder vor Augen, zum Beispiel die Enthauptungsszenen. Diese Zukunftsvision hat einigen von ihnen das Wichtigste überhaupt genommen: Die Hoffnung auf ein gutes Ende. Im Gegensatz dazu hatten andere Geiseln ausgesprochen positive Zukunftsvisionen. Ich zum Beispiel hatte immer vor Augen, dass ich später einmal in Freiheit von meinen Erlebnissen berichten würde. Ich konnte es sogar schon spüren und habe daher immer an ein gutes Ende geglaubt. Vor diesem Hintergrund konnte selbst den schmerzhaften Erfahrungen Sinn verleihen – nämlich jenen Sinn, dass ich daraus etwas Nützliches lernen und später mit anderen Menschen teilen würde.
Viele aus der Resilienzforschung bekannte Faktoren haben mir geholfen, stark durch die Entführung zu kommen, von Akzeptanz bis Optimismus, von Bindung bis Selbstwirksamkeit. Wenn ich entscheiden müsste, was mir am meisten geholfen hat, dann wäre es Optimismus. Paradoxerweise kann Optimismus in Krisen aber auch massiv schaden. Ja, positives Denken kann sogar tödlich sein! Doch dazu mehr an anderer Stelle …
Akzeptanz und Optimismus trainieren – zwei Dschungelstrategien
Einigen Menschen fällt es vom Naturell her sicherlich leichter als anderen, mit Akzeptanz und Optimismus auf Krisen zu reagieren. Aber die Resilienzforschung zeigt, dass man diese Fähigkeiten in einem gewissen Umfang auch trainieren kann. Zur Inspiration möchte ich hier zwei hocheffektive Strategien mit Ihnen teilen, die uns Geiseln damals im Dschungel geholfen haben und sich auf den Alltag übertragen lassen:
Akzeptanz: Zum Annehmen und Verarbeiten von Vergangenheit und Gegenwart hilft es, das Erlebte zu dokumentieren. In mein Dschungeltagebuch habe ich die Ereignisse des Tages niedergeschrieben und damit schon ein erstes Mal verarbeitet. Wenn Ängste einmal zu Papier gebracht sind, verlieren sie ein Stück weit ihre Macht. Ein Künstler unter uns Geiseln hielt seine Erlebnisse in Zeichnungen fest und brachte damit seine Angst sehr ausdrucksvoll zu Papier. Finden Sie Ihr eigenes Medium, um in Krisen Ihre Erlebnisse und Ängste „herauszulassen“ und damit besser zu verarbeiten. Es kann Ihnen dabei helfen, mit der Vergangenheit abzuschließen und die aktuelle Situation zu akzeptieren.
— Dokumentieren Sie Ihre Erlebnisse und Gefühle, um die Vergangenheit und Gegenwart besser annehmen und verarbeiten zu können!
Optimismus: Positive Bilder geben Kraft in der Krise! Als Geiseln haben wir gezielt positive Bilder in unseren Gedanken kultiviert. Im abendlichen Gebetskreis dankten einige von uns regelmäßig für das Positive des Tages – irgendetwas fiel uns immer ein: „Danke, dass wir noch leben. Danke, dass wir heute genügend Wasser zum Trinken hatten. Danke, dass wir Hoffnung auf eine baldige Freilassung haben dürfen.“ Dankbarkeit und positive Bilder reduzieren den Problemfokus und helfen nachweislich!
— Stellen Sie sich folgende Fragen für einen positiven Fokus:
- Für welche drei positiven Dinge des Tages bin ich dankbar?
- Wie sieht die bestmögliche Zukunft nach meiner Krise aus?
- Wie fühlt sie sich an?
Zur Vertiefung
Buch
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Vortrag
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Online-Vortrag
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